Eine gute Versorgung mit Folat* bzw. Folsäure ist für Schwangere essenziell. Das Vitamin ist vor allem an der Teilung und Neubildung von Zellen beteiligt. Daher steigt in der Schwangerschaft die empfohlene Zufuhrmenge, um 83 Prozent. In den nationalen Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft [1] heißt es deshalb:
- „Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollen zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung 400 µg Folsäure pro Tag oder äquivalente Dosen anderer Folate in Form eines Supplements einnehmen.
- Die Einnahme soll mindestens 4 Wochen vor der Konzeption beginnen und bis zum Ende des 1. Schwangerschaftsdrittels fortgesetzt werden.
- Frauen, die die Folsäure-Supplementierung weniger als 4 Wochen vor der Konzeption beginnen, sollten höherdosierte Präparate verwenden.“
Es kommt auf beides an: eine ausgewogene Ernährung mit folsäurereichen Lebensmitteln, wie Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte, sowie eine zusätzliche Einnahme von Folsäure als Supplement in den ersten Monaten. Die Einnahme von Folsäure-Tabletten ergänzt die Zufuhr durch Lebensmittel. Sie ersetzt sie nicht.
Höherer Bedarf in der Schwangerschaft
Über Nachgefragt
In der Rubrik Nachgefragt gehen wir Irrtümern auf den Grund und erklären altes Wissen neu
Das Vitamin kommt natürlicherweise in Lebensmitteln vor. Synthetisch hergestellt wird es als Folsäure oder Folat zur Anreicherung von Lebensmitteln und in Supplementen verwendet. Das Vitamin ist für Wachstum, Blutbildung und Nervengewebe und damit für eine gesunde Entwicklung des Fötus von Bedeutung [2]. Ab dem ersten Tag der Schwangerschaft steigt der Referenzwert für die Zufuhr von 300 µg auf 550 µg pro Tag [3]. Die mittlere Zufuhr von Frauen in Deutschland liegt mit 184 µg am Tag deutlich darunter. Viele Frauen gehen damit schlecht versorgt in die Schwangerschaft. Weniger als 5 % der Frauen im reproduktionsfähigen Alter erreichen die von der WHO zur wirksamen Risikoreduktion von Neuralrohrdefekten empfohlene Erythrozyten-Folat-Konzentration. [4]
Schon bei Kinderwunsch täglich Folsäure
Folsäure kommt eine wichtige Rolle in der Vorbeugung von angeborenen Fehlbildungen, insbesondere Neuralrohrdefekten, zu. Das Neuralrohr, aus dem sich im Lauf der embryonalen Entwicklung das Zentralnervensystem entwickelt, schließt sich normalerweise bereits 3 bis 4 Wochen nach der Empfängnis. Zu diesem Zeitpunkt wissen viele Frauen noch nicht, dass sie schwanger sind. Deshalb ist es wichtig, bereits vor der Schwangerschaft die Versorgung mit dem Vitamin zu optimieren. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die Supplementierung das Risiko für kindliche Fehlbildungen des Nervensystems bzw. Neuralrohrdefekte deutlich verringert [1]. Mindestens 50 Prozent der Neuralrohrdefekte wären über eine verbesserte Versorgung vor der Empfängnis vermeidbar [5].
Aufholbedarf beim Folsäure-Wissen
Nur ein kleiner Teil der Frauen in Deutschland führt eine präventiv wirksame Folsäure-Supplementierung durch. Zwar supplementieren nahezu 90 % der Frauen in der Schwangerschaft Folsäure, aber nur etwa 10 bis 34 % beginnen zum empfohlenen Zeitpunkt und verwenden eine Dosis von mindestens 400 µg pro Tag [1].
Bei einer 2012 veröffentlichten Befragung von 1250 Student*innen und Berufsschüler*innen hatten nur zwei Drittel den Begriff Folsäure schon einmal gehört. Unter den dabei befragten Frauen wussten zwisschen der Hälfte und einem Drittel nicht, dass das Vitamin in der Schwangerschaft wichtig ist [6].
Folsäure-Präparate sind wichtig
Um das Risiko für kindliche Fehlbildungen des Nervensystems bzw. Neuralrohrdefekte zu senken, sollten Frauen, die schwanger werden wollen, täglich ein Folsäure-Supplement mit 400 µg Folsäure zu sich nehmen – zusätzlich zu einer folsäurereichen Ernährung. Alternativ ist die Einnahme einer äquivalenten Dosis anderer Formen (Calcium L-Methylfolat oder 5-Methyltetrahydrofolsäure-Glucosamin) möglich. Die Einnahme soll mindestens 4 Wochen vor der Konzeption beginnen und bis zum Ende des 1. Schwangerschaftsdrittels fortgesetzt werden. [1]
Höhere Dosis bei späterer Einnahme
Frauen, die die Folsäuresupplementierung weniger als 4 Wochen vor der Konzeption beginnen, sollten höherdosierte Präparate verwenden. Die Zeitspanne bis zum Erreichen der von der WHO empfohlenen Konzentration in den Erythrozyten zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten ist von der Ausgangskonzentration und von der supplementierten Dosis abhängig: So sind bei einer täglichen Einnahme von 400 µg Folsäure 6 bis 8 Wochen bis zum Erreichen notwendig, bei Einnahme von 800 µg pro Tag dagegen nur etwa 4 Wochen [7, 8]. Wenn die Einnahme erst kurz vor oder sogar erst nach der Konzeption beginnt, sollten daher Supplemente mit 800 µg Folsäure verwendet werden [7, 8].
Die empfohlene Folsäuremenge zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten kann sowohl allein oder in Kombination mit anderen Mikronährstoffen eingenommen werden. In beiden Fällen sollten die Präparate die empfohlene Dosierung an Folsäure enthalten [1]. Bis zu einer täglichen Zufuhr von 1.000 µg Folsäure am Tag ist eine langfristige Gabe auch in der Schwangerschaft gesundheitlich unbedenklich [9].
Supplement plus Ernährung
Mit einer ausgewogenen Ernährung und einer gezielten Lebensmittelauswahl können werdende Mütter ihre Folsäure-Zufuhr verbessern. Das Vitamin kommt in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor. Reich an dem Nährstoff sind grüne Blattgemüsearten, wie Spinat, Feldsalat, Kohl. Aber auch Tomaten, Hülsenfrüchte, Zitrusfrüchte und Beeren sind gute Lieferanten und ebenso alle Vollkornprodukte. Folsäurereich essen heißt somit: 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst am Tag zu sich nehmen und bei Getreideprodukten die Vollkornvariante wählen. Da Licht, Luft und Sauerstoff dem Vitamin schaden, sollten Gemüse und Obst möglichst schonend zubereitet werden.
* Wo zur Vereinfachung möglich wird im Beitrag allgemein von Folsäure gesprochen.
Der Artikel basiert auf den bundesweiten Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft: