Ja, Säuglinge können ihre Energieaufnahme über Sättigung und Hunger regulieren und die Verzehrmengen an ihre physiologischen Bedürfnisse anpassen, wenn ihre entsprechenden Signale beim Füttern beachtet werden. Die Empfehlung „nach Bedarf des Kindes“ gilt daher nicht nur beim Stillen, sondern auch, wenn es Säuglings(milch)nahrung (Formula) und später im ersten Lebensjahr ausgewogene Beikostmahlzeiten erhält. Portionsangaben in Rezepten oder auf Packungen bzw. Gläschenportionen sind nur als Orientierungswerte zu sehen [6].
Auf Selbstregulationsfähigkeit vertrauen
Schon Säuglinge sind beim „Essen“ sehr unterschiedlich. Untersuchungen zu Stillmustern zeigen, dass es eine große Variationsbreite gibt hinsichtlich der aufgenommenen täglichen Milchmenge, der Milchmenge pro Stillmahlzeit und der Häufigkeit und der Intervalle zwischen den Mahlzeiten [3, 5, 8]. Diese individuellen Unterschiede deuten darauf hin, dass Säuglinge die Nahrungsaufnahme an ihren Bedarf anpassen und über Hunger und Sättigung die Häufigkeit und Größe der Mahlzeit abstimmen. Das gilt nicht nur für gestillte Babys. Auch junge Säuglinge, die Flaschennahrung erhalten, sind in der Lage ihre Milchmenge zu regulieren [4]. Diese regulatorischen Fähigkeiten der Nahrungsaufnahme können Eltern fördern.
Auf Hunger- und Sättigungssignale des Kindes eingehen
Als „responsive feeding“ wird im Englischen ein Fütterverhalten bezeichnet, das die Selbstregulationsfähigkeit des Kindes und damit langfristig ein gesundes Essverhalten des Kindes unterstützt. Darunter ist ein wechselseitiger dynamischer Prozess zu verstehen, bei dem Eltern und Kind eine aktive Rolle spielen. Das Kind zeigt durch Körperhaltung, Mimik, mit Lauten, später auch mit Worten, dass es Hunger hat oder nicht mehr essen will. Die Eltern nehmen diese Signale wahr und reagieren adäquat darauf. Wird das Bedürfnis erfüllt, dann fühlt sich das Kind verstanden und reagiert zufrieden, was wiederum die Eltern beglückt und beide sind in ihrem Handeln bestärkt. Werden dagegen die Hunger- und Sättigungssignale nicht beachtet, auf Dauer falsch interpretiert oder jedes Unwohlsein mit Essen beantwortet, kann dies zu zu großen oder zu kleinen Verzehrmengen führen [1]. In der Stärkung der Selbstregulationsfähigkeit sehen Experten einen wichtigen Ansatzpunkt zur Übergewichtsprävention [7].
Füttern nach Bedarf von Anfang an
Die enge Abstimmung von Milchproduktion bzw. angebot auf den Nahrungsbedarf bzw. die Nachfrage ist beim Stillen natürlich geregelt. Wird das Kind nach Bedarf gestillt, ist die Basis für eine positive Stillbeziehung und ein erfolgreiches Stillen gelegt [9]. Der Säugling bekommt ausreichend Nahrung.
Hunger- und Sättigungssignale sollten Eltern auch beim Füttern mit der Flasche wahrnehmen und darauf eingehen. Das gilt für Anfangs- wie für Folgenahrung, die sich in ihrer Zusammensetzung nur geringfügig unterscheiden [2]. Statt der angegebenen Portionsgröße sind die Signale des Kindes ausschlaggebend. Das Kind muss die Flasche nicht leer trinken und sollte dazu auch nicht ermuntert werden. Hört es auf zu trinken, lässt es den Sauger los, dreht es den Kopf weg oder öffnet es den Mund nicht mehr, dann signalisiert es „ich habe genug“.
Signale des Kindes bleiben auch in der Beikostphase richtungsweisend. Die Eltern sorgen für ein angemessenes Nahrungsangebot. Das Kind entscheidet, wie viel es isst und trinkt. Wenn es die Mahlzeit frühzeitig beendet, dann genügen ein bis zwei Versuche, das Kind zum Essen zu ermutigen. Bleibt es beim „Nein“, dann werden keine Alternativen angeboten, sondern die Mahlzeit wird beendet.
Entwicklung und Wachstum zeigen, ob die Essmengen stimmen
Die meisten Eltern sorgen sich, wenn das Kind eher „wie ein Spatz“ isst. Die Trink- und Essmengen sind von Kind zu Kind jedoch unterschiedlich und können von Mahlzeit zu Mahlzeit anders sein. Entwickelt sich das Kind gesund, wächst es und ist aktiv, so können Eltern davon ausgehen, dass es ausreichend isst. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen werden die Entwicklung und das Wachstum beurteilt. Wenn sich Eltern Sorgen machen, ihr Kind appetitlos ist, die Nahrung verweigert oder wieder ausspuckt, dann sollten sie sich an den betreuenden Kinder- und Jugendarzt wenden.