Vitamin K nimmt eine Schlüsselfunktion bei der Bildung von Blutgerinnungsfaktoren wie Prothrombin ein. Bei einem Vitamin-K-Mangel kann es zu Hirn-, Haut- und Darmblutungen kommen [1, 2]. Da Neugeborene noch keinen ausreichenden Vitamin-K-Speicher besitzen, sind sie auf Vitamin-K-Zufuhr nach der Geburt angewiesen. Das Netzwerk Gesund ins Leben empfiehlt daher in den bundesweiten Handlungsempfehlungen, dass jeder Säugling zusätzlich zur Muttermilch oder Säuglings(milch)nahrung Vitamin K erhält [2]. Diese Vitamin-K-Prophylaxe dient der Prävention von Vitamin-K-Mangel-Blutungen bei Säuglingen. [1, 3].
Zufuhr üblicherweise als Tropfen bei den ersten U-Untersuchungen
Für gesunde Neugeborene wird eine orale Gabe von dreimal 2 mg Vitamin K in Form von Tropfen empfohlen [1, 2]. Dabei bekommt das Neugeborene die erste Dosis kurz nach der Geburt im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung U1 in den Mund geträufelt. Die zweite und dritte Dosis erhält der Säugling jeweils im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen U2 und U3. Diese Untersuchungen finden zwischen dem 3. und 10. Lebenstag bzw. zwischen der 4. und 5. Lebenswoche statt.
In besonderen Situationen kann die Vitamin-K-Gabe auch einmalig durch eine Injektion (1 mg Vitamin K) ärztlich verabreicht werden [1, 2, 4], etwa bei reif geborenen Säuglingen in schlechtem Allgemeinzustand, bei Verdacht auf Resorptionsstörungen oder wenn Zweifel bestehen, dass eine dreimalige orale Vitamin-K-Gabe durchführbar ist. Auch bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm gilt die Vitamin-K-Prophylaxe in Form einer Injektion als sinnvoll. Eine in den 1990er Jahren geäußerte Vermutung, dass die Vitamin-K-Gabe per Injektion mit einem erhöhten Risiko für Leukämien und anderen kindlichen Tumoren einhergeht, konnte nicht bewiesen werden [1].
Diese Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin unterstützt das Netzwerk Gesund ins Leben mit seinen bundesweiten Handlungsempfehlungen [2].
Neugeborene ohne ausreichenden Vitamin-K-Speicher
Neugeborene sind auf eine rasche Vitamin-K-Zufuhr kurz nach der Geburt angewiesen, da sie keinen ausreichenden Speicher besitzen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Vitamin K kann die Plazentaschranke nur schwer passieren, so dass sich während der Schwangerschaft nur geringe Vitamin-K-Speicher in der kindlichen Leber aufbauen. Eine Synthese von Vitamin K durch Darmbakterien ist beim Säugling noch zu vernachlässigen. Hinzu kommt, dass der Vitamin-K-Gehalt von Muttermilch relativ niedrig ist und den nachgeburtlichen Vitamin-K-Mangel des Säuglings nicht beseitigen kann [5,6].
Prophylaxe senkt das Risiko für Vitamin K-Mangel-Blutungen
Mithilfe der dreimaligen prophylaktischen oralen Gabe von 2 mg Vitamin K konnte das Blutungsrisiko bei Säuglingen in einer deutschen Erhebung deutlich reduziert werden [7]. Andere Methoden der Vitamin-K-Prophylaxe mit niedrigeren Dosierungen, die täglich oder wöchentlich über einen längeren Zeitraum verabreicht werden, haben sich als weniger wirksam herausgestellt und sind daher nicht empfehlenswert [1]. So etwa bot ein zeitweilig in den Niederlanden praktiziertes Schema mit einer Gabe von 1 mg Vitamin K nach Geburt und anschließender täglicher Gabe von 25 µg Vitamin K über drei Monate keine zufriedenstellende Wirksamkeit. In Dänemark erwies sich die Gabe von 2 mg Vitamin K bei der Geburt gefolgt von einer wöchentlichen Supplementierung mit 1 mg Vitamin K für die Dauer des (überwiegenden) Stillens zwar als wirksam, wurde aber auch dort wieder aufgegeben [8]. Ein Grund dafür ist, dass das Verfahren Eltern eine längerfristige aktive Mitwirkung abverlangt. Im Vergleich dazu ist die in Deutschland empfohlene dreimalige Vitamin-K-Gabe im Rahmen der verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen verlässlicher umsetzbar [1].