Kuhmilch und Milchprodukte sind wichtige und gewohnte Bestandteile einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung im Kleinkindalter (1 bis 3 Jahre). Dies gilt insbesondere, weil sie unter anderem zur Versorgung mit Calcium, Jod, Vitamin B2, Vitamin B12 und Eiweiß beitragen [1]. Seit einigen Jahren gewinnen pflanzliche Alternativen wie beispielsweise Haferdrinks zunehmend an Marktbedeutung [2]. Pflanzendrinks lassen sich zwar küchentechnisch wie Kuhmilch verwenden, unterscheiden sich aber in ihrer Nährstoffqualität und -quantität [3]. Pflanzendrinks sind daher kein gleichwertiger Ersatz für Kuhmilch [4]. Wird in der Kleinkindernährung Kuhmilch ganz oder teilweise weggelassen, kann dies die Zufuhr von einigen Nährstoffen wie z. B. Calcium, Jod, Vitamin B2 und Vitamin B12 deutlich reduzieren [5]. Das sollten Eltern wissen, wenn der Wunsch besteht, bei der Ernährung ihres Kleinkindes Kuhmilch durch Pflanzendrinks zu ersetzen. In solch einem Fall soll aus Sicht des Netzwerks Gesund ins Leben eine qualifizierte Beratung erfolgen. Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, wie eine ausreichende Nährstoffversorgung des Kleinkindes dennoch erreicht werden könnte [6]. So kann gezielt auf die Auswahl von angereicherten Pflanzendrinks und auf Lebensmittel, die reich an milchtypischen Nährstoffen sind, geachtet werden [3, 4, 7].
Kuhmilch in der Ernährung des Kleinkindes
Milch und Milchprodukte zählen zu tierischen Lebensmitteln, die in der Kleinkindernährung in Maßen empfohlen werden. Das lebensmittelbasierte Konzept der Optimierten Mischkost sieht für 1- bis 3-Jährige täglich insgesamt 300 ml Milch, einschließlich Milchprodukten wie beispielsweise Joghurt und Käse, vor [1]. Milch und Milchprodukte liefern hochwertiges Eiweiß, tragen aber vor allem entscheidend zur Versorgung mit den essenziellen Mikronährstoffen Calcium, Jod, Vitamin B2 und Vitamin B12 bei [3]. Da mit dem vergleichsweise schnellen Wachstum im Kleinkindalter ein besonders hoher Nährstoffbedarf einhergeht, ist eine ausreichende Zufuhr an Nährstoffen in dieser Phase besonders wichtig. Eine unzureichende Versorgung kann sich nicht nur negativ auf das Wachstum und die Entwicklung auswirken, sondern beeinflusst auch langfristig die Gesundheit des Kindes. So ist beispielsweise Calcium ein wichtiger Baustein für Knochen und Zähne. Studien zeigen, dass ein geringer Milchkonsum das Risiko für eine schlechtere Knochenmineralisierung erhöhen kann [8]. Auch kann sich eine niedrige Jodzufuhr in der frühen Kindheit negativ auf die kognitiven Fähigkeiten des Kindes auswirken [9].
Milchalternativen im Trend
Trotz ihres attraktiven Nährstoffprofils kann der Konsum von Kuhmilch auch kritisch betrachtet werden. Denn ihre Erzeugung kann die Umwelt und das Klima belasten. Auch der Tierschutz kann ein Grund sein, weniger Milch zu trinken. Als mögliche Alternativen sind zunehmend Pflanzendrinks aus Rohstoffen wie z. B. Soja, Hafer, Mandel, Reis, Kokosnuss, Lupine oder Erbse auf dem Markt [2]. Ihre Produktion schneidet hinsichtlich von Treibhausgas-Emissionen und Landnutzung im Vergleich zur Kuhmilch besser ab. Wobei die tatsächlichen Unterschiede vom einzelnen Rohstoff, seinem Anbau inklusive Wasserverbrauch und dem Transport abhängen. So liegt etwa der Wasserverbrauch von Soja- und Mandeldrink höher als beispielsweise von Haferdrink oder auch von Kuhmilch [10, 11]. Je nach Haltungsform der Kuh lässt sich aber auch der Milchkonsum klimaverträglicher gestalten. So tragen etwa weidende und vor allem Gras fressende Milchkühe dazu bei, Kohlendioxid im Boden zu speichern und die Artenvielfalt zu fördern [12].
Wenn Kleinkinder keine Kuhmilch trinken
Was aber bedeutet es für die Nährstoffversorgung des Kleinkindes, wenn, ganz gleich aus welchen Gründen, keine oder nur wenig Milch und/oder Milchprodukte verzehrt werden? Dieser Frage hat sich eine vom Netzwerk Gesund ins Leben beauftragte Untersuchung des Forschungsdepartments Kinderernährung (FKE) gewidmet [5]. Bezogen auf die Altersgruppe der 1- bis 3-Jährigen wurden die Ernährungsempfehlungen nach dem Konzept der Optimierten Mischkost (OMK) zugrunde gelegt. Milch ist in der OMK immer Kuhmilch. Sie kommt dort in flüssiger Form, etwa als Getränk oder im Müsli, oder in Form von Milchprodukten vor, zum Beispiel als Joghurt oder Käse. Dann entspricht der Verzehr von 15 g Schnittkäse oder 30 g Weichkäse einer Menge von 100 ml Milch. In der Untersuchung wurde berechnet, wie sich die Nährstoffzufuhr der OMK theoretisch verändert, wenn die Hälfte oder die gesamte Menge an Milch und Milchprodukten ersatzlos vom Speiseplan gestrichen würde. Das Ergebnis: Würde die Hälfte der laut OMK vorgesehenen Mengen an Milch und Milchprodukten ersatzlos entfallen, würde sich die Zufuhr der Nährstoffe Calcium, Jod, Vitamin B2 und Vitamin B12 in relevantem Maße vermindern. Die DGE/ÖGE-Referenzwerte für Calcium, Vitamin B2 und für Vitamin B12 [13 würden dann nicht mehr erreicht werden. Die selbst mit Kuhmilch kritische Jodversorgung würde noch weiter sinken. Komplett ohne Milch und Milchprodukte würde die Nährstoffversorgung noch kritischer werden [siehe Abbildung 1].
Nährstoffprofile von Pflanzendrinks und Kuhmilch sind unterschiedlich
Pflanzendrinks, die von Verbraucher*innen als Milchalternativen genutzt werden, unterscheiden sich von Kuhmilch deutlich in Bezug auf ihre Nährstoffzusammensetzung [3]. Das Sortiment an Pflanzendrinks ist höchst vielfältig und entwickelt sich ständig weiter [14, 15]. Typische Ausgangsstoffe sind vor allem Sojabohnen, Hafer, Mandeln und Reis, aber auch Kokosnuss, Lupinen sowie Erbsen. Auch Mischungen sind erhältlich. Es gibt Pflanzendrinks, die lediglich aus Wasser und pflanzlichen Extrakten bestehen. Andere sind zusätzlich gesüßt, enthalten Aromen, Salz oder Verdickungsmittel sowie weitere Zusätze wie Fette und Ballaststoffe oder sind mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert.
Die Vielfalt der Rohstoffe und Zusammensetzung hat zur Folge, dass es auch eine Vielfalt bei den Gehalten an relevanten Nährstoffen gibt. So liefern etwa die meisten Pflanzendrinks, anders als Kuhmilch, kaum oder geringe Mengen an pflanzlichem Eiweiß, das nicht mit dem in Kuhmilch enthaltenen vergleichbar ist. Eine Ausnahme bilden hier Drinks aus Hülsenfrüchten wie Soja. Aus Getreide wie Hafer oder Reis hergestellte Produkte können einen doppelt so hohen Gehalt an Kohlenhydraten wie Kuhmilch aufweisen. Mit Ausnahme von Kokos-Pflanzendrinks enthalten pflanzliche Milchalternativen dagegen weniger gesättigte Fettsäuren und einen höheren Gehalt mehrfach ungesättigter Fettsäuren als Kuhmilch [3].
Chancen und Herausforderungen einer Anreicherung
Pflanzendrinks enthalten, ganz gleich aus welchem Rohstoff sie hergestellt werden, von Natur aus keine oder kaum nennenswerte Mengen an den milchtypischen Nährstoffen Calcium, Jod, Vitamin B2 und Vitamin B12. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Anreicherung. Dabei zeigen Marktuntersuchungen Unterschiede in der Art und Menge der zugesetzten Nährstoffe, vor allem zwischen konventionell und ökologisch erzeugten Milchalternativen [14]. Bei Bio-Pflanzendrinks ist eine Anreicherung mit Vitaminen und Mineralstoffen verboten [16]. Derzeit enthalten ein paar wenige Bio-Pflanzendrinks allerdings die calciumreiche Alge Lithothamnium als Zutat, wodurch Calciumgehalte ähnlich der Milch erreicht werden können (Stand: 1/2025) [13].
Ob einem Pflanzendrink Nährstoffe zugesetzt wurden, zeigt die Zutatenliste auf der Verpackung. Über die im Produkt enthaltenen Mengen pro 100 Milliliter gibt die Nährwerttabelle Auskunft. Zu berücksichtigen ist, dass es kaum Untersuchungen, aber Hinweise darauf gibt, dass die zugesetzten Nährstoffe nicht immer in demselben Maße bioverfügbar sind, d. h. vom Körper verwertet werden können, wie die in Kuhmilch enthaltenen. Im Fall von Calcium hängt die Bioverfügbarkeit unter anderem von der zugesetzten Verbindung ab: So ist die Absorptionsrate von Calcium höher, wenn Pflanzendrinks mit Calciumcarbonat angereichert sind, statt mit Tricalciumphosphat [17]. Auch können Stoffe wie Phytinsäure, Tannine und Fasern in den Pflanzendrinks die Calciumaufnahme hemmen [7, 17]. Zugesetzte Mineralstoffe können sich in den Getränken absetzen. Daher ist es wichtig, sie vor dem Verzehr zu schütteln [3].
Wenn Kleinkinder anstelle von Kuhmilch Pflanzendrinks verzehren
Für ein gutes Wachstum und eine gesunde Entwicklung ist es wichtig, dass Kleinkinder ausgewogen und abwechslungsreich essen und ihr Nährstoff- und Energiebedarf gedeckt ist. Zu solch einer Ernährung, die reich an pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukten ist, aber auch mäßig tierische Lebensmittel enthält, gehört in der Regel auch Kuhmilch [6].
Eltern, die ihren Kleinkindern anstelle von Kuhmilch pflanzliche Alternativen anbieten wollen, sollten Produkte wählen, die dem typischen Nährstoffgehalt von Kuhmilch nahekommen [4]. Fehlen den Pflanzendrinks Calcium, Jod, Vitamin B2 und Vitamin B12 ganz oder teilweise, sollten gezielt andere Lebensmittel in die Ernährung integriert werden, die diese Nährstoffe enthalten.
- Calcium: kommt zum Beispiel auch in einigen pflanzlichen Lebensmitteln wie Brokkoli oder Grünkohl vor. Eine andere Calciumquelle ist Mineralwasser mit mehr als 150 mg Calcium pro Liter [18].
- Jod: Milch enthält durch die Fütterung der Tiere Jod. Dieser Mineralstoff steckt aber vor allem in Meeresfisch oder in verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot und Wurst, wenn diese jodiertes Speisesalz enthalten. Beim (sparsamen) Salzen im Haushalt sollte immer Jodsalz verwendet werden [6].
- Vitamin B2: Zur Vitamin -B2-Zufuhr können neben Fisch beispielsweise auch Getreideerzeugnisse beitragen, insbesondere aus Vollkorn [19].
- Vitamin B12: kommt in nennenswerten Mengen nur in tierischen Lebensmitteln vor [20]. Wird auf Milch und Milchprodukte verzichtet, kann Vitamin B12 aus anderen tierischen Lebensmitteln wie Eiern, Fleisch- und Wurstwaren aufgenommen werden. Werden diese auch nicht verzehrt, soll Vitamin B12 supplementiert werden [3, 4, 6].
Der Weg über eine Supplementierung kann auch bei unzureichender Zufuhr anderer Nährstoffe gegebenenfalls eine Option sein. Eine Supplementierung soll nur nach kinderärztlicher Rücksprache erfolgen [3, 4].
Das Netzwerks Gesund ins Leben empfiehlt eine qualifizierte Ernährungsberatung mit dem Ziel, Wege aufzuzeigen, wie eine ausreichende Nährstoffversorgung des Kleinkindes möglich ist. Die Beratung kann dabei unterstützen, eine gute Entscheidung zur Lebensmittelauswahl und zur Wahl des Pflanzendrinks zu treffen [6]. Bei Ausschluss von Kuhmilch kann auch eine sojabasierte Säuglingsnahrung für Kleinkinder eingesetzt werden [4]. Pflanzendrinks, die gezuckert, anderweitig gesüßt oder aromatisiert sind, sind nicht empfehlenswert. Grundsätzlich ist zu beachten, dass in Pflanzendrinks unter Umständen Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) nachweisbar sein können. Insgesamt ist die Datenlage jedoch unzureichend, um das gesundheitliche Risiko für Kleinkinder zu bewerten [21].