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Kleinkinder können phasenweise sehr wählerisch beim Essen sein: Die einen essen nur trockenes Brot, andere verlangen ständig Nudeln ohne Soße und wieder andere sortieren Unerwünschtes fein säuberlich vom Teller. Neue Lebensmittel möchten sie nicht einmal probieren. Viele Eltern fragen sich dann: Ist mein Kind trotzdem ausreichend versorgt? Und muss ich etwas tun, wenn mein Kind bestimmte Lebensmittel ablehnt?

Kleinkind greift Essen
gpointstudio/Fotolia.com

Kleinkinder können zeitweilig ein sehr spezielles Essverhalten zeigen. Sie essen nur wenige, ausgewählte Lebensmittel (picky eating). Neues möchten sie gar nicht erst probieren. Häufig handelt es sich dabei um eine vorübergehende Phase, die jedoch Eltern jede Menge Geduld abverlangt. Und das Vertrauen, dass ihr Kind mit der Zeit seine Speisenauswahl wieder vielfältiger gestaltet. Wiederholtes Probieren kann diesen Prozess unterstützen. Denn damit lernen Kinder, unterschiedliche Geschmäcker mit der Zeit zu akzeptieren oder zu mögen. Das Netzwerk Gesund ins Leben empfiehlt deshalb in den bundesweiten Handlungsempfehlungen zur Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter, neue Lebensmittel oder Speisen mehrfach und ohne Zwang anzubieten [1]. Damit helfen Eltern ihrem Kind, sich an das (neue) Essen zu gewöhnen. Lehnt das Kind ein Lebensmittel ab, ist das in Ordnung. Vom Kind abgelehnte Lebensmittel bleiben aber im Rahmen einer vielfältigen Familienernährung als Angebot erhalten, damit immer die Chance besteht, sie erneut zu probieren.

Lichtblick für Eltern: Ablehnung legt sich wieder

Bis zum Alter von 2 Jahren sind die meisten Kinder sehr offen für neue Geschmackserfahrungen. Danach beginnt eine Phase, in der Kinder unbekannte Speisen häufig ablehnen. Diese Abneigung, auch Neophobie genannt, ist im Alter von 2 bis 6 Jahren am stärksten ausgeprägt [2, 3]. Mit etwas Geduld geht sie meist von selbst vorüber. Die Ablehnung eines Lebensmittels hängt oft mit einem ungewohnten Geschmack oder der Textur zusammen. Es gibt aber auch weitere Gründe. Eine Rolle können zum Beispiel Trotzphasen spielen, die ab diesem Alter auftreten. Auch alterstypische Autonomiebestrebungen finden im Essverhalten ihren Ausdruck: Wird ein kleines Kind gefüttert und schlägt den Löffel mit einer neuen Speise weg, lehnt es möglicherweise nicht die Speise als solche ab, sondern signalisiert, dass es selbst essen will.

Gelassen bleiben und Neugierde wecken

„Eltern sind oft beunruhigt, wenn ihr kleines Kind nur wenige Lebensmittel akzeptiert. Isst es dann auch genug? Eltern können in der Regel gelassen sein: Lehnt es bestimmte Lebensmittel eine Zeit lang ab, isst es sich an anderen Mahlzeitenkomponenten satt“, informiert Maria Flothkötter, Ernährungswissenschaftlerin und Leiterin des Netzwerks Gesund ins Leben. Ihr Tipp: „Eltern sollten darauf vertrauen, dass Neugier, Gewöhnung und Freude beim Essen langfristig gewinnen.“ Die naturgegebene Neugierde ihres Kindes können Eltern zum Beispiel wecken, indem sie Speisen wie Gemüse abwechslungsreich, appetitlich und kindgerecht anrichten: roh und fein gerieben, gekocht oder gebraten, in Stücken zum Dippen oder püriert als Suppe oder Smoothie. Solch unterschiedliche Zubereitungsarten ermöglichen Kindern vielfältige sinnliche Erfahrungen, die die Geschmacksentwicklung unterstützen [4]. Gemeinsam mit Kindern können Eltern das Lebensmittel auch genau anschauen, daran riechen und es mit den Händen fühlen, bei Tisch oder in der Küche, wo Kinder altersgemäß in die Vorbereitung einbezogen werden können. Unterschiedliche Texturen – etwa weiche oder faserige Lebensmittel – sind wünschenswert, um die Offenheit für Lebensmittel wie Vollkornprodukte zu fördern, die vielschichtigere Texturen haben [5]. Wichtig dabei: Das Kind entscheidet selbst, was es probieren möchte. „Tricks, Überredungskünste oder gar Zwang gehen nicht auf die Bedürfnisse des Kindes ein und sind damit keine Lösung, wenn Speisen abgelehnt werden“ erklärt Maria Flothkötter. Eltern sollten immer darauf achten, welche Signale ihr Kind aussendet. Wenn es zum Beispiel satt ist, wird es wenig Interesse haben neue Lebensmittel kennenzulernen. Wenn es die Mahlzeit beendet, werden keine Ersatzspeisen angeboten.

Vielfalt vorleben und Gewohnheiten schaffen

Wenn Kleinkindern regelmäßig verschiedene Lebensmittel angeboten werden, sind sie eher bereit, neue Lebensmittel auszuprobieren und eine größere Vielfalt zu akzeptieren [6]. Abwechslungsreich essen trägt auch zum Genuss bei und unterstützt eine gute Nährstoffversorgung. Dabei gilt bei der Lebensmittelauswahl für Kleinkinder dasselbe wie für die ganze Familie: reichlich Pflanzliches und Wasser, mäßig Tierisches und sparsam Fettes und Süßes. Da im Kindesalter entwickelte Ernährungsgewohnheiten prägend für das ganze Leben sind [7], ist es günstig, schon früh eine Vorliebe für Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Vollkorngetreideprodukte zu fördern.

Diesen Prozess können die Eltern in ihrer Rolle als Vorbilder unterstützen. Denn Kleinkinder erlernen viele Verhaltensweise durch Beobachten. Können sie im Alltag erleben, wie ihre Eltern genussvoll essen, sind sie eher dazu bereit, diese Lebensmittel ebenfalls zu probieren und zu essen. Entsprechend wirkt ein günstiges Essverhalten von Gleichaltrigen und anderen wichtigen Bezugspersonen, die mit am Tisch sitzen [5]. Insgesamt zeigen Beobachtungsstudien, dass Kinder, die häufiger im Familienkreis essen, dies mit mehr Genuss tun und weniger wählerisch beim Essen sind [8]. Empfehlenswert ist es außerdem, ungewohnte oder ungeliebte Lebensmittel regelmäßig auf den Tisch zu bringen. Denn allein sie wiederholt zu sehen, kann die Bereitschaft zum Probieren erhöhen [4, 5]. Hat das Kind dann den ersten Schritt getan, braucht es möglicherweise zwischen 8 und 10, manchmal sogar noch mehr Probierversuche, bis es ein Lebensmittel gerne isst [9, 10, 11].

Bei Unsicherheiten: ärztlichen Rat einholen

Kleinkinder brauchen Zeit, um sich von der Beikost aufs Familienessen umzustellen. Denn in dieser Phase kommt viel Neues auf sie zu – das selbständige Essen, neue Geschmacksrichtungen, Zubereitungsformen und Konsistenzen. Diese Umgewöhnung kann auch für Eltern herausfordernd sein. Wer die Situation als sehr belastend für den Familienalltag empfindet oder sich Sorgen um die Entwicklung des Kindes macht, sollte ärztlichen Rat einholen. Ein Besuch in der kinder- und jugendärztlichen Praxis ist in jedem Fall ratsam, wenn das Kind beim Essen übermäßig wählerisch ist, feste Nahrung verweigert, eine ausgeprägte Unlust am Essen hat oder nie Hunger erkennen lässt. Weitere Gründe sind, wenn es nur bei extremer Ablenkung isst oder sich ständig übergibt oder wenn sich Eltern Sorgen um das Gewicht ihres Kindes machen.

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BLE/Netzwerk Gesund ins Leben

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Literatur

[1] Abou-Dakn M, Alexy U, Beyer K et al. Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter – Aktualisierte Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben. Monatschr Kinderheilkd 2022; doi.org/10.1007/s00112-022-01519-3

[2] Dovey TM, Staples PA, Gibson EL, Halford JC. Food neophobia and ‚picky/fussy‘ eating in children: a review. Appetite 2008; 50:181–193

[3] Scaglioni S, De Cosmi V, Ciappolino V et al. Factors influencing children’s eating behaviors. Nutrients 2018; 10: 706

[4] Wadhera D, Capaldi-Phillips ED. A review of visual cues associated with food on food acceptance and consumption. Eat Behav 2014; 15:132–143

[5] Mura Paroche M, Caton SJ, Vereijken CMJL et al. How infants and young children learn about food: a systematic review. Front Psychol 2017; 8:1046

[6] Anzman-Frasca S, Ventura AK, Ehrenberg S et al. Promoting healthy food preferences from the start: a narrative review of food preference learning from the prenatal period through early childhood. Obes Rev 2018; 19:576-604

[7] Nicklaus S. Development of food variety in children. Appetite 2009; 52:253–255

[8] Verhage CL, Gillebaart M, van der Veek SMC et al. The relation between family meals and health of infants and toddlers: a review. Appetite 2018; 127:97–109

[9] ESPGHAN Committee on Nutrition, Fewtrell M, Bronsky J et al. Complementary feeding: a position paper by the European society for paediatric gastroenterology, hepatology, and nutrition (ESPGHAN) committee on nutrition. J Pediatr Gastroenterol Nutr 2017; 64:119–132

[10] Nekitsing C, Blundell-Birtill P, Cockroft JE et al. Systematic review and meta-analysis of strategies to increase vegetable consumption in preschool children aged 2–5 years. Appetite 2018; 127:138–154

[11] Spill MK, Johns K, Callahan E Hetal. Repeated exposure to food and food acceptability in infants and toddlers: a systematic review. Am J Clin Nutr 2019; 109:978S–989S