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In der Schwangerschaft verzichten die meisten Frauen auf alkoholische Getränke, denn schon kleine Mengen Alkohol bergen gesundheitliche Risiken für das ungeborene Kind. In der Stillzeit wird der Verzicht von vielen Müttern nicht mehr ganz so streng gehandhabt. Wie lauten die Empfehlungen für die Zeit nach der Geburt: Ist Alkohol in der Stillzeit erlaubt?

Hand vor Weinglas
Andrey Cherkasov/Fotolia.com

Wenn stillende Mütter alkoholische Getränke konsumieren, gelangt ein Teil des aufgenommenen Alkohols über den Verdauungstrakt ins Blut und weiter in die Muttermilch. Da Alkohol von Säuglingen nur langsam abgebaut wird, verbleibt er im Vergleich zu Erwachsenen länger im Körper. Ursache hierfür ist, dass die Leber bei Säuglingen noch nicht ausgereift ist [1].

Einfluss von Alkohol aufs Baby

Klinische Studien zeigen, dass bereits eine moderate Menge Alkohol nach Aufnahme über die Muttermilch den Schlaf-Wach-Rhythmus gestillter Säuglinge verändern kann. In den ersten Stunden nach dem Füttern schliefen die Kinder zum Teil häufiger, aber kürzer, zum Teil schliefen sie weniger und weinten mehr [2, 3, 4]. Andere Studien beobachteten beim Kind Schläfrigkeit, ein verändertes Trinkverhalten durch einen langsameren Suchreflex oder verlangsamtes Saugen bzw. Schlucken [4, 5, 6]. Die Datenlage zu möglichen langfristigen Auswirkungen beim Kind durch die Aufnahme von Alkohol über Muttermilch ist unklar [7].

Einfluss auf Stillhormone bei der Mutter

Bei der Mutter hat die Aufnahme von Alkohol Einfluss auf Hormone, die für das Stillen von Bedeutung sind. Die Wirkung hält an, solange sich Alkohol im Blut der Mutter befindet. Nach Alkoholkonsum wird etwa weniger Oxytocin ausgeschüttet, offenbar abhängig von der aufgenommenen Menge Alkohol. Der niedrigere Oxytocin-Spiegel kann den Milchspendereflex verzögern und vorübergehend zu einer Verringerung der Milchmenge führen [1, 7, 4]. Anders als oft geglaubt, regt Alkohol damit die Milchbildung nicht an.

Alkohol in der Stillzeit meiden

Die negativen Wirkungen von Alkohol in der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind sind hinreichend bekannt [8]. Für die Stillzeit liegen im Vergleich dazu wenig belastbare Daten aus systematischen Übersichtsarbeiten vor. Fachgesellschaften empfehlen Stillenden im Sinne des vorsorgenden Gesundheitsschutzes, Alkohol zu meiden, insbesondere solange der Säugling ausschließlich gestillt wird [9, 10].

Obwohl klar ist, dass ein Verzicht auf Alkohol in der Stillzeit gesundheitlich sinnvoll ist, entscheiden sich einige Mütter im Alltag dazu, Alkohol zu trinken. In der prospektiven Kohortenstudie „Stillverhalten in Bayern“ aus dem Jahr 2005/2006 gaben 29 % der Frauen an, in den ersten drei Monaten nach der Geburt mindestens einmal Alkohol getrunken zu haben, 23,6 % tranken nur zu bestimmten Anlässen. 4,7 % der Mütter berichteten, 1 bis 3 Gläser alkoholischer Getränke bei einer Trinkgelegenheit getrunken zu haben, 0,7 % mehr als 3 Gläser. Wenn man die gesamte Stillzeit betrachtet, gaben 39 % der befragten Mütter an, mindestens einmal Alkohol getrunken zu haben [11]. Der Wunsch, in der Stillzeit Alkohol zu konsumieren, kann für manche Mütter ein Grund sein, nicht zu stillen [12].

Mütter unterstützen und zum (Weiter-)Stillen motivieren

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass Fachkräfte das Thema in der Beratung individuell und stigmasensibel ansprechen. Sie sollten die Stillenden über die Auswirkungen von Alkohol in der Stillzeit und einen möglichst sicheren Umgang informieren.

Grundsätzlich gilt: In den ersten Lebensmonaten ist Muttermilch die empfohlene Nahrung für Säuglinge [9]. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Stillen die Gesundheit von Mutter und Kind fördert. Bei Frauen, die gestillt haben, sinkt das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs ebenso wie das für Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Säuglinge, die ausschließlich gestillt wurden, haben ein geringeres Risiko für den plötzlichen Kindstod und erkranken seltener an Mittelohrentzündungen, Magen-Darm- und Atemwegsinfekten [9, 13].

Die Vorteile des Stillens für Mutter und Kind werden auch dann als höher eingeschätzt, wenn die Mutter gelegentlich eine geringe Menge Alkohol aufnimmt und einen Abstand bis zum nächsten Stillen einhält [1, 14]. Es ist nicht erforderlich, dass sie in dem Fall mit dem Stillen aufhört. Bei regelmäßigem bzw. höherem Alkoholkonsum ist das Stillen gemeinsam mit einer medizinischen Fachkraft abzuwägen.

Fachkräfte sollten auf alkoholfreie Alternativen hinweisen, Unterstützungsmöglichkeiten beim Alkoholverzicht auch durch das persönliche Umfeld besprechen und sicherstellen, dass die Ausnahme „ein kleines Glas zu besonderen Anlässen“ nicht beliebig ausgelegt wird.

Beratung, Unterstützung und Material zum Alkoholverzicht in der Stillzeit und in anderen Lebenslagen gibt es kostenlos von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unter:

kenn-dein-limit.de

Im Ausnahmefall das Stillen planen

Außerdem sollten Fachkräfte Stillende informieren, wie die Auswirkungen des Alkoholkonsums verringert werden können. Wollen stillende Mütter ein alkoholisches Getränk trinken, sollten sie ihr Kind vorher stillen und einen zeitlichen Abstand bis zur nächsten Stillmahlzeit einplanen. Dieser sollte gemäß der Handlungsempfehlungen zur Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen nach einem Getränk mindestens 1 bis 2 Stunden betragen [9]. US-amerikanische Empfehlungen nennen mindestens 2 bis 2,5 Stunden [5, 15, 16, 17].

Die Alkoholkonzentrationen im Blut und in der Milch steigen in etwa parallel und auf gleiche Werte an. Mit dem Abbau des Alkohols im Körper sinkt der Gehalt in der Milch wieder [1]. Etwa 30 bis 60 Minuten nach dem Alkoholkonsum ist die höchste Konzentration in der Muttermilch zu beobachten [18]. Wird mit dem alkoholischen Getränk etwas gegessen, kann sich das auf 60 bis 90 Minuten verzögern [7]. Der Abbau von Alkohol im Körper wird u. a. durch die aufgenommene Alkoholmenge, das Körpergewicht der Stillenden und die individuelle Stoffwechselleistung beeinflusst.

Säuglinge sollen nach Bedarf gestillt bzw. gefüttert werden [9]. Gerade bei einem jungen Säugling lässt sich oft nicht voraussagen, wann er wieder gestillt werden möchte. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Baby in den ersten Wochen alle 1 bis 3 Stunden gestillt werden möchte. Häufige kleine Stillmahlzeiten nach Bedarf des Kindes sind zum einen an die geringe Magengröße angepasst und zum anderen notwendig, um die Milchbildung sicher aufzubauen [13]. Längere Stillpausen können in dieser Zeit die Entstehung von Stillproblemen begünstigen. Hier kann das Füttern mit Muttermilch, die vor dem Alkoholkonsum abgepumpt und entsprechend der Empfehlungen gelagert wurde, eine Alternative darstellen.

Der Artikel basiert auf den bundesweiten Handlungsempfehlungen zur Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen:

Alkohol in der Stillzeit

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Literatur

[1] Schwegler U, Kohlhuber M, Roscher E, Kopp E, Ehlers A, Weißenborn A, Rubin D, Lampen A, Fromme H. Alkohol in der Stillzeit – Eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der Stillförderung. Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR-Wissenschaft 07/2012. Im Internet: www.bfr.bund.de/cm/350/alkohol-in-der-stillzeit-eine-risikobewertung-unter-beruecksichtigung-der-stillfoerderung.pdf, Zugriff 15.10.2024

[2] Mennella JA, Garcia-Gomez PL. Sleep disturbances after acute exposure to alcohol in mothers' milk. Alcohol 2001; 25: 153–158

[3] Schuetze P, Eiden RD, Chan AWK. The effects of alcohol in breast milk on infant behavioral state and mother-infant feeding interactions. Infancy 2002; 3: 349–363

[4] Anderson PO. Alcohol Use During Breastfeeding. Breastfeed Medicine 2018;13(5): 315–317. doi.org/10.1089/bfm.2018.0053

[5] ABM. Academy of Breastfeeding Medicine Clinical Protocol #21: Breastfeeding in the Setting of Substance Use and Substance Use Disorder (Revised 2023). Breastfeeding Medicine 2023; 18(10): 715–733. doi.org/10.1089/bfm.2023.29256.abm

[6] Deutscher Hebammenverband (DHV). Praxisbuch: Besondere Stillsituationen. 2. Auflage. Stuttgart: Thieme, 2021

[7] Lawrence RA, Lawrence RM. Breastfeeding. A guide for the medical profession. 9th Edition. Pennsylvania: Elsevier, 2021

[8] Koletzko B, Cremer M, Flothkötter M, Graf C, Hauner H, Hellmers C, Kersting M, Krawinkel M, Przyrembel H, Röbl-Mathieu M, Schiffner U, Vetter K, Weißenborn A, Wöckel A. Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft – Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben. Geburtshilfe Frauenheilkunde 2018; 78(12): 1262–1282. doi.org/10.1055/a-0713-1058

[9] Abou-Dakn M, Abou-Omar K, Alaze-Hagemann F et al. Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen 2024. Teilaktualisierte Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben. Monatsschrift Kinderheilkunde 2024, 172. doi.org/10.1007/s00112-024-02014-7

[10] Richter M, Tauer J, Conrad J, Heil E, Kroke A, Virmani K, Watzl B für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Alkohol – Zufuhr in Deutschland, gesundheitliche sowie soziale Folgen und Ableitung von Handlungsempfehlungen Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Ernährungs Umschau 2024; 71(10)

[11] Rebhan B, Kohlhuber M, Schwegler U, Koletzko B, Fromme H. Rauchen, Alkoholkonsum und koffeinhaltige Getränke vor, während und nach der Schwangerschaft. Ergebnisse aus der Studie „Stillverhalten in Bayern“. Gesundheitswesen 2009; 71: 391–398

[12] Weißenborn A. Drei Studien über das Stillverhalten von Berliner Müttern als Beitrag zur Einrichtung eines Stillmonitorings in Deutschland. Dissertation 2009. Medizinische Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin

[13] Fenner A, Hennecke J et al. Basiswissen Stillen. Eltern praxisnah begleiten und informieren. Bonn: BLE, 2023

[14] US Centers for Disease Control and Prevention. Breastfeeding Special Circumstances: Alcohol. Im Internet: cdc.gov/breastfeeding-special-circumstances/hcp/vaccine-medication-drugs/alcohol.html, Zugriff 15.10.2024

[15] American College of Obstetricians and Gynecologists. Breastfeeding your Baby, Juli 2023. Im Internet: acog.org/womens-health/faqs/breastfeeding-your-baby, Zugriff: 15.10.2024

[16] Meek JY, Noble L. Technical Report: Breastfeeding and the Use of Human Milk. Pediatrics. 2022 Jul 1;150(1). doi: 10.1542/peds.2022-057989. PMID: 35921641

[17] International Lactation Consultant Association (ILCA). Clinical Guidelines for the Establishment of Exclusive Breastfeeding. 4th edition. ILCA 2024

[18] Drugs and Lactation Database (LactMed®), Bethesda (MD). National Institute of Child Health and Human Development; 2006-. Alcohol. [Updated 2024 Sep 15]. Im Internet: www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK501469/. Zugriff 15.10.2024