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Der bundesweite Beratungsstandard fasst die aktuellen einheitlichen Empfehlungen zur Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter von 0 bis 6 Jahren zusammen. Die Handlungsempfehlungen wurden gemeinsam mit Vertreter*innen aller relevanten Fachgesellschaften und -gruppen entwickelt.

Baby mit ersten Milchzähnen lacht beim Zähneputzen mit Mutter
stock.adobe.com/Oksana Kuzmina

Infografik

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Titelbild Handlungsempfehlungen zur Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter
BLE/Netzwerk Gesund ins Leben

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Broschüre Empfehlung zur Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter

Die Anwendung von Fluorid von Geburt an in entsprechender Menge kann das Kariesrisiko von Kindern erheblich verringern. Verschiedene Empfehlungen zur Fluoridanwendung bei Säuglingen und kleineren Kindern standen bisher nebeneinander und führten bei Beratungskräften und Eltern zu Unsicherheiten. Nun wurde ein neuer Beratungsstandard geschaffen – nach einem Prozess, den das Netzwerk Gesund ins Leben koordiniert hat. Vertreterinnen und Vertreter aller relevanten Fachgesellschaften und -gruppen haben diese Empfehlungen gemeinsam entwickelt.

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Zitierweise

Berg B, Cremer M, Flothkötter M, Koletzko B, Krämer N, Krawinkel M, Lawrenz B, Przyrembel H, Schiffner U, Splieth C, Vetter K, Weißenborn A. Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter. Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben. Monatsschr Kinderheilkd 2021, 169. DOI: 10.1007/s00112-021-01167-z 

Fragen und Antworten zur Kariesprävention

Was ist der Unterschied zwischen Fluor und Fluorid?

Fluor ist ein chemisches Element aus der Gruppe der Halogene („Salzbildner“) und ist ein äußerst reaktionsfähiges Gas. In freier Form kommt es in der Natur nicht vor. Hier ist es z. B. an andere Mineralstoffe gebunden und heißt dann Fluorid. Natürlicherweise kommen Fluoride in Steinen, der Erde, in Lebensmitteln und Wasser vor. Sie sind auch ein normaler Bestandteil des Körpers und vor allem in Knochen und Zähnen enthalten. Zugesetzt wird Fluorid z. B. Zahnpasten oder Kochsalz.

Wie schützt Fluorid die Zähne vor Karies?

Fluorid wirkt über verschiedene Wege kariesvorbeugend.

  • Es wird in den Zahnschmelz eingebaut, so dass der Zahn widerstandsfähiger ist.
  • Fluorid hat Reparaturwirkung: es hilft Mineralstoffe aus dem Speichel in den Zahnschmelz (wieder)einzubauen und ihn so zu härten.
  • Fluorid wird auf der Zahnoberfläche gespeichert und dann freigesetzt, wenn Säuren der Kariesbakterien den Zahnschmelz angreifen.
  • Fluorid kann auch die Kariesbakterien selbst hemmen.

In der Zeit der Zahnentwicklung wirken Fluoride sozusagen von „innen“. Sie gelangen über die Blutbahn zu den Zahnkeimen und werden in den unreifen Zahnschmelz eingelagert.

Wie entsteht Karies?

Kariesbakterien, Zucker, Speichel und Zeit spielen dabei eine Rolle. Die Kariesbakterien im Zahnbelag wandeln Zucker aus der Nahrung in Säuren um, die den Zahnschmelz entmineralisieren. Der Speichel enthält Mineralstoffe, so dass der Zahnschmelz in essfreien Zeiten wieder „repariert“ werden kann. Ist dieses Gleichgewicht gestört, dann wird der Zahn porös und das Loch entsteht. Beim Dauernuckeln von süßen Getränken hat das Reparatursystem Speichel keine Chance.

Kann Fluorid meinem Kind schaden?

Um die Zahngesundheit zu fördern, sollen Kinder ab der 2. Lebenswoche Fluorid erhalten. Werden die Empfehlungen zur Verwendung der Einnahme als Tabletten bzw. anschließend von Zahnpasta mit Fluorid eingehalten, erhalten Kinder eine sichere Menge an Fluorid.

In den ersten 8 Lebensjahren entwickeln sich die bleibenden Zähne. Wenn in dieser Zeit Fluorid regelmäßig in zu hohen Mengen aufgenommen wird, entsteht eine Zahnfluorose. Diese zeigt sich in Form von Flecken und Verfärbungen der bleibenden Zähne.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat Nutzen und Risiken von Fluorid genau untersucht und abgewogen. Sie gibt für Kinder von 1 bis 8 Jahren als tolerierbare Tageshöchstmenge 0,1 mg Fluorid pro Kilogramm Körpergewicht an. Diese Menge wird bei der korrekten Umsetzung der Empfehlungen zur Kariesprävention des Netzwerks Gesund ins Leben nicht überschritten.

Was ist eine Zahnfluorose?

Eine Fluorose ist die Folge einer regelmäßig zu hohen Zufuhr von Fluorid. Zu viel Fluorid im frühen Kindesalter stört die Bildung von Zahnschmelz, der äußeren Schicht der Zähne. Eine Zahnfluorose (Dentalfluorose) ist meist durch symmetrische weißliche Flecken im Schmelz der bleibenden Zähne zu sehen. Die Funktion der Zähne ist dadurch aber nicht gestört. Wird Fluorid stark und länger überdosiert, kann es zu gelblich-braunen Verfärbungen und Schmelzdefekten (Löchern) kommen. Kinder sind anfällig für Zahnfluorosen, so lange sich die bleibenden Zähne entwickeln (etwa bis sie 8 Jahre alt sind).

Welche fluoridhaltige Zahnpasta sollen Eltern für Säuglinge und kleine Kinder wählen?

Für Kinder von 1 (ab 12 Monaten) bis 6 Jahren wird empfohlen, die Zähne mit einer Zahnpasta zu putzen, die 1.000 ppm Fluorid enthält (ppm = parts per million). Möchten Eltern bereits ab dem ersten Zahn eine fluoridhaltige Zahnpasta verwenden, dann soll es ebenfalls eine mit 1.000 ppm Fluorid sein. Der empfohlene Fluoridgehalt der Zahnpasta ist von 0 bis 6 Jahren gleich, aber die empfohlene Zahnpastamenge wird dem Alter angepasst.

Leider ist es für Eltern nicht leicht, die Kinderzahncreme mit 1.000 ppm Fluorid auf Anhieb im Regal zu finden. Angaben wie Zahnpasten extra für Babys, für die ersten zwei Jahre, für Kinder von 2 bis 6 Jahren oder für welche von 0 bis 6 Jahren helfen da nicht weiter. Viele haben einen Fluoridgehalt von 500 ppm, der nicht mehr empfohlen wird. Deshalb hilft beim Zahnpasta-Einkauf nur genaues Hinschauen auf Tube und Verpackung und die Angaben zu den Inhaltsstoffen. Enthält die Kinderzahnpasta den empfohlenen Fluoridgehalt von 1.000 ppm, dann ist sie auch fürs Baby geeignet (Voraussetzung: sie wird richtig – bis zu reiskorngroßer Menge – dosiert).

Warum wird eine Kinderzahnpasta mit 500 ppm Fluorid nicht mehr empfohlen?

Studien zeigen, dass eine Zahnpasta mit einer höheren Konzentration an Fluorid besser vor Karies schützt als eine niedrigere. Für Zahnpasten mit 1.000 ppm Fluorid ist der karieshemmende Effekt klar nachgewiesen, bei Zahnpasten mit 500 ppm ist dies nicht eindeutig. Deshalb wird die Verwendung der Zahnpasta mit 1.000 ppm Fluorid empfohlen – für Kinder bis 24 Monate in reiskorngroßer Menge, ab 2 bis 6 Jahren in erbsengroßer Menge. Im Säuglingsalter kann das Fluorid auch durch eine Tablette, kombiniert mit Vitamin D gegeben werden. Dann werden die Zähne ohne Zahnpasta oder mit einer fluoridfreien Zahnpasta geputzt.

Reiskorngroße Menge mit Zahnpasta mit 1.000 ppm Fluorid oder die doppelte Menge mit Zahnpasta mit 500 ppm Fluorid – ist das nicht dasselbe?

Nein. Für den kariesvorbeugenden Effekt der Zahnpasta mit Fluorid kommt es auf die Fluoridkonzentration in der Zahnpasta an. Deshalb sprechen sich die neuen einheitlichen Empfehlungen für die Verwendung von Zahnpasta mit 1.000 ppm Fluorid im Säuglings- und frühen Kindesalter aus. Die doppelte Menge der Zahnpasta mit 500 ppm hat nicht denselben Effekt.

Warum geschmacks- und farbneutrale Zahnpasta für Kinder?

Säuglinge und kleine Kinder können Zahnpasta noch nicht ausspucken. Sie verschlucken sie zum Teil. Noch im Alter von 1,5 und 2,5 Jahren verschlucken Kinder 64 bis 84 % der Zahnpasta. Wenn die Zahnpasta gut schmeckt und attraktiv aussieht, wird das Verschlucken noch gefördert. Viel verschluckte Zahnpasta bedeutet eine höhere Fluoridzufuhr, die vermieden werden soll. Die empfehlenswerte fluoridhaltige Zahnpasta für die ersten 6 Jahre des Kindes ist farb- und geschmacksneutral und enthält 1.000 ppm Fluorid. Damit nicht mehr als empfohlen verwendet wird, übernehmen Eltern die genaue Dosierung auf der Zahnbürste.

Wann steht der erste Zahnarzt-Besuch an und wie geht es dann weiter?

Kinder- und Jugendärzt*innen haben bei den Vorsorgeuntersuchungen die gesunde Entwicklung im Mund des Kindes im Blick. Zeigt sich der erste Zahn, kann der erste Zahnarzt-Besuch geplant werden. Vom 6. bis zum 9. Lebensmonat kann die erste zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung stattfinden, vom 10. bis 20. Lebensmonat die zweite und vom 21. bis 33. Lebensmonat die dritte. Zwischen zwei Untersuchungen muss ein Mindestabstand von vier Monaten liegen.

Was sind Tipps für ein behutsames, entspanntes Zähneputzen mit Kindern?

Säuglinge und Kleinkinder sollen mit Geduld und behutsam an das Zähneputzen herangeführt werden. Spiel, Freude und Zuwendung sind von Anfang an dabei. Dann ist die Chance groß, dass das tägliche Zähneputzen als Alltagsroutine fürs Leben mitgenommen wird. Babys erkunden Gegenstände mit dem Mund, der Zunge und den Lippen – und damit auch gerne die Zahnbürste. Also: Das Spielerische in den Vordergrund stellen.

Auf keinen Fall soll gegen den Widerstand des Kindes geputzt oder gar das Kind zum Putzen fixiert werden. Wenn das Baby das Zähneputzen einmal ganz verweigert, akzeptieren dies die Eltern und setzen das tägliche Zähneputzen das nächste Mal fort. Ein Lied, ein lustiger Reim oder eine Geschichte können helfen, dass das Kind gerne mitmacht. Die betreuenden Kinder- und Jugendärzt*innen und Zahnärzt*innen klären zur Mund- und Zahnhygiene auf und können ganz gezielt beraten.

Wie wird die Zufuhr von Vitamin D im ersten Lebensjahr sichergestellt?

Vitamin D wird in der Haut unter Einfluss von Sonnenlicht gebildet und über die Nahrung aufgenommen. Im ersten Lebensjahr stellen diese beiden Möglichkeiten die Versorgung des Säuglings nicht sicher: die empfindliche Säuglingshaut soll nicht direkter Sonnenbestrahlung ausgesetzt werden und der Vitamin-D-Gehalt der Muttermilch ist meist gering. Deshalb sollen 400 bis 500 I.E. Vitamin D (10 bis 12,5 µg) im ersten Lebensjahr bzw. bis zum zweiten erlebten Frühsommer ergänzt werden.

Was tun, wenn Vitamin D als Tropfen gegeben wird? Wie soll dann Fluorid gegeben werden?

Ein Kombinationspräparat mit Vitamin D und Fluorid gibt es in Tropfenform nicht. Wenn Eltern die Vitamin-D-Gabe in Form von Tropfen bevorzugen, dann erhält das Baby bis zum Zahndurchbruch zusätzlich eine Tablette mit 0,25 mg Fluorid. Ab Zahndurchbruch bis Ende des ersten Lebensjahres (12 Monate) haben Eltern dann zwei Möglichkeiten. Entweder sie geben Fluorid durch die Tablette weiter und putzen die Zähne ohne Zahnpasta oder mit einer fluoridfreien Zahnpasta. Oder sie putzen die Zähne mit einer reiskorngroßen Menge Zahnpasta mit 1.000 ppm Fluorid und lassen die Fluoridtablette weg. Die Vitamin-D-Tropfen werden in beiden Fällen bis zum zweiten erlebten Frühsommer weiter gegeben.

 

Lösen die neuen Handlungsempfehlungen zur Kariesprävention bisherige Empfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben zu Fluoridsupplementen ab?

Ja. Die neuen Handlungsempfehlungen zu Kariesprävention sind jetzt für die Fluoridgabe richtungsweisend. Die bisherigen Empfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben zu Fluoridsupplementen sind in den Empfehlungen zu Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen von 2016 enthalten und diese werden mit der nächsten Aktualisierung angepasst.

Aber es hat sich nicht alles geändert. Nach wie vor soll ab Geburt, in der Regel ab der zweiten Lebenswoche, täglich 400 bis 500 I. E. Vitamin D in Kombination mit 0,25 mg Fluorid gegeben werden. Ab Zahndurchbruch bis zum Ende des ersten Lebensjahres können Eltern dann aber wählen:

  • Sie können das Fluorid weiter in Kombination mit Vitamin D geben (wie bisher empfohlen) und sie putzen die ersten Zähne des Kindes ohne Zahnpasta oder mit einer geringen Menge fluoridfreier Zahnpasta.

oder

  • Sie putzen die ersten Zähne des Kindes mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta (1.000 ppm Fluorid, reiskorngroße Menge) und geben eine Tablette, die nur Vitamin D enthält.

Es soll auf keinen Fall beides verwendet werden (fluoridhaltige Zahnpasta und Fluoridtablette).

Ab dem Alter von 12 Monaten sollen die Zähne mit fluoridhaltiger Zahnpasta (1.000 ppm Fluorid) geputzt werden; von 12 bis 24 Monaten mit einer reiskorngroßen Menge Zahnpasta, ab 2 Jahren mit einer erbsengroßen Menge Zahnpasta.