Meldung des Netzwerks Gesund ins Leben. Bonn, 26.8.2020.
Viele Frauen, die ihr Neugeborenes stillen möchten, sorgen sich oft in den ersten Tagen nach der Geburt: Reicht die Muttermilch? Wenn das Baby plötzlich stündlich oder halbstündlich an der Brust trinken möchte und das so genannte Clusterfeeding (aus dem Englischen: Mahlzeiten-Häufung) auftritt, ist das eine sensible Phase in der Stillbeziehung zwischen Mutter und Säugling. „Es ist normal, wenn in den ersten Lebenstagen oder ‑wochen das Baby eine Art Mehr-Gänge-Menü über mehrere Stunden einfordert“, sagt Maria Flothkötter, Leiterin des Netzwerks Gesund ins Leben. Die Milchbildung passe sich individuell an und spiele sich so ein. Es sei wichtig, dass Eltern und Fachkräfte dieses Saugverhalten richtig einordneten.
Clusterfeeding tritt überwiegend abends auf, in den ersten Lebenswochen des Babys, meist bei Wachstumsschüben. Erstmals kann es zwischen dem zweiten und vierten Lebenstag vorkommen, wenn sich die Milchbildung verändert: Vielleicht hat das Baby vorher stundenlang friedlich geschlafen, als der Familienbesuch zum Gratulieren da war. Am Abend wird es plötzlich unruhig und möchte im Halbstundentakt an der Brust trinken. „Da kann schnell Unsicherheit aufkommen, dass die Milch nicht reicht“, sagt Dr. Michael Scheele, Gynäkologe und Mitglied der Nationalen Stillkommission. Nicht nur bei Eltern, auch beim Krankenhauspersonal. Entgegen der ursprünglichen Absicht der Mutter zu stillen, bekommt das Baby dann die Flasche angeboten.
Dabei möchten fast 90 Prozent der Mütter ihr Kind nach der Geburt stillen. Viele gesundheitliche Vorteile durchs Stillen für Mutter und Kind sind wissenschaftlich belegt. Im ersten Lebenshalbjahr und darüber hinaus ist Stillen die ideale Ernährung für Säuglinge. Und dennoch: Nur 68 Prozent der Mütter in Deutschland geben nach der Geburt ihrem Kind ausschließlich die Brust, nach zwei Monaten sind es noch 57 Prozent, nach vier Monaten 40 Prozent und nach sechs Monaten noch 13 Prozent – das haben die 2018 veröffentlichten Daten der KiGGS-Welle 2 ergeben.
Unterstützung beim Still-Alltag
Die Angst, dass das Baby nicht genug Milch bekommt, wird als häufigster Grund für ein Abstillen in den ersten sechs Monaten genannt. Nur in seltenen Fällen liegen medizinische Gründe zur Störung der Milchbildung vor. Damit der Stillstart gut gelingt, sollten Hebammen und andere kompetente Fachkräfte wie ausgebildete Stillberater*innen den Müttern zur Seite stehen und – idealerweise schon in der Schwangerschaft – mit ihnen übers Stillen und Aspekte wie richtiges Anlegen, Hungersignale, Stillhäufigkeit oder Zeitaufwand sprechen.
Wenn Eltern wissen, dass auch anstrengende Stillmarathon-Phasen vorkommen können, müssen sie sich keine Sorgen mehr um die Milchmenge machen. Partner*innen oder Familienangehörige können in solchen Stillphasen helfen, indem sie der Mutter Wasser und Snacks anreichen, Kissen für eine entspannte Stillposition zurechtrücken oder Buch, Zeitschrift oder Handy angeben, wenn die Mutter es wünscht.
Eigenen Rhytmus finden
Stillen unterliegt ganz individuellen Bedingungen, sodass jedes Mutter-Kind-Paar seinen eigenen bedarfsgerechten Rhythmus finden und verfolgen sollte. Das Stillen nach Bedarf ist die wichtigste Maßnahme, um die Milchbildung auf den Säugling abzustimmen. Aus diesem Grund gibt es keine absoluten Empfehlungen wie „x-mal in 24 Stunden“ oder „alle x Stunden“ stillen. Wichtig ist es für Eltern, die Hungersignale des Kindes zu erkennen und darauf einzugehen. „Abendliches Dauerstillen kann anstrengend sein, aber es ist eine Phase, die vorbeigeht“, weiß Scheele.
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