Stillen ist die natürliche Ernährungsform von Säuglingen und fördert die Gesundheit von Mutter und Kind. Das Netzwerk Gesund ins Leben empfiehlt daher in den bundesweiten Handlungsempfehlungen, den Säugling im 1. Lebenshalbjahr zu stillen, mindestens bis zum 5. Monat ausschließlich. Auch nach Einführung der Beikost, spätestens mit Beginn des 7. Monats, soll nach Bedarf weiter gestillt werden. Stillen ist so lange gut, wie Mutter und Kind dies möchten. Stillt die Mutter nicht, soll ihr Kind eine nach den gesetzlichen Regelungen hergestellte Säuglingsanfangsnahrung erhalten [1]. Nicht für die Säuglingsernährung zu empfehlen ist Frauenmilch*, die beispielsweise über das Internet oder im Bekanntenkreis privat weitergegeben wird [2, 3]. Solch eine private Weitergabe, kostenfrei oder zum Kauf, ist nicht mit dem Angebot von Frauenmilchbanken zu verwechseln.
Stillen, die natürliche Säuglingsernährung
Über Nachgefragt
In der Rubrik Nachgefragt gehen wir Irrtümern auf den Grund und erklären altes Wissen neu.
Die Zusammensetzung von Muttermilch ist an den kindlichen Bedarf angepasst. Sie enthält nicht nur Nährstoffe, sondern auch Abwehrstoffe. Stillen senkt das Risiko für Durchfall, Mittelohrentzündung und späteres Übergewicht [1, 4]. Auch zur emotionalen Bindung zwischen Mutter und Kind kann es beitragen [1]. Daher empfiehlt das Netzwerk Gesund ins Leben, das Stillen uneingeschränkt zu fördern. Wenn das Kind in der Tagespflege oder von anderen Personen betreut wird, kann es mit abgepumpter Muttermilch versorgt werden [5, 6]. Ist es bereits etwas älter und erhält tagsüber Beikost, kann die Mutter den Säugling morgens und abends stillen. Wenn Frauen nicht oder teilweise stillen, ist eine nach den gesetzlichen Regelungen hergestellte Säuglingsanfangsnahrung die einzige Alternative [1].
Private Angebote von Frauenmilch
Seit einigen Jahren entwickelt sich ein Nischenmarkt, auf dem Frauen Muttermilch, die sie nicht zur Versorgung ihres eigenen Kindes benötigen, von privat an privat weitergeben. Dieses Angebot von Frauenmilch und die Nachfrage danach erfolgen meist über das Internet [7]. Oft finden sich Anbieterinnen von Frauenmilch und Interessentinnen über soziale Netzwerke oder über Online-Plattformen. Manche Frauen geben ihre Milch kostenlos ab, andere verkaufen sie zu Preisen bis zu 5 Euro pro 100 ml (Stand: 2015). Eventuell kommen Versandkosten dazu. Aufgrund einer fehlenden bundesweit einheitlichen rechtlichen Einordnung von Frauenmilch erfolgt der Vertrieb in einer rechtlichen Grauzone. Es gibt keine verbindlichen Sicherheits- und Qualitätsstandards für Frauenmilch aus privatem Angebot. Sie unterliegt auch keiner Prüfpflicht [7, 8]. Zwar machen viele der privaten Frauenmilch-Anbieterinnen Angaben zu ihrem Gesundheitsstatus, dem Lebensstil, einschließlich Rauschmittelkonsum, und ihren Ernährungsgewohnheiten, wie eine Angebotserhebung in Deutschland ergeben hat [8]. Es findet jedoch keinerlei unabhängige Kontrolle statt, ob die hierbei gemachten Angaben auch stimmen [7].
Warnung vor privaten Frauenmilch-Angeboten
Das Netzwerk warnt ebenso wie die Nationale Stillkommission [2] und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin [3] vor der Nutzung privater Frauenmilch-Angebote. Denn das gesundheitliche Risiko für den Säugling ist nicht kontrollierbar und insgesamt zu groß. Über Muttermilch können mögliche Infektionen der Mutter übertragen werden. Dazu gehören beispielsweise HIV/Aids, Hepatitis oder das Cytomegalievirus (CMV) [9, 10, 11]. Auch Wirkstoffe aus Medikamenten können in die Milch übergehen [12], sowie Alkohol [1] und Tabakschadstoffe [13]. Sie können beim Säugling Gesundheitsschäden bis hin zu lebenslang begleitenden Organschäden auslösen [3]. Außerdem können die Sicherheit und Qualität der Milch durch unsachgemäßen Umgang beim Abpumpen, Lagern, Kühlen und dem Transport beeinträchtigt werden [8, 14]. Ein hohes Maß an Hygiene ist zum einen notwendig, um die Nährstoffe und biologisch aktiven, antibakteriellen und immunologisch wirksamen Bestandteile zu erhalten. Zum anderen dürfen in der Umwelt vorhandene Bakterien nicht in die Frauenmilch gelangen, da sie sich dort vermehren und dann ein Gesundheitsrisiko für den Säugling bergen können. In Deutschland und den USA durchgeführte Untersuchungen privat gehandelter Frauenmilch weisen auf eine mangelnde Hygiene des Angebotes hin [7, 11]. In einer weiteren Untersuchung aus den USA konnte zudem nicht ausgeschlossen werden, dass Milchangebote mit Trinkwasser beziehungsweise Kuhmilch verfälscht wurden [15].
Auf das Stillen vorbereiten
Die Sorge, selbst nicht genügend Milch für das Kind zu haben, ist oft unbegründet. Sie wird aber von vielen Frauen als Grund für ein frühes Abstillen genannt bzw. kann zur Suche nach Alternativen motivieren. Auch eine Brustentzündung kann zu solch einer Entscheidung führen [16]. Dabei lassen sich Stillprobleme dieser Art bei regelmäßigem und korrektem Anlegen meist vermeiden [17]. Zusätzlich hilft Wissen über die Milchbildung und die Entwicklung des Säuglings Eltern dabei, das Verhalten ihres Kindes zu deuten. Unterstützung bietet hier die fachliche Beratung bei Hebammen oder Stillberaterinnen. Auch im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen U-Untersuchungen in der kinderärztlichen Praxis finden Eltern Ansprechpersonen, die ihnen bei Unsicherheiten und Zweifeln über die Versorgung ihres Kindes helfen. Gedeiht der Säugling gut, ist dies ein Anzeichen dafür, dass ausreichend Milch vorhanden ist. Hebamme, Kinder- und Jugendärztin bzw. -arzt kontrollieren regelmäßig die Gewichtszunahme sowie das Längen- und Kopfwachstum des Kindes und haben damit die Entwicklung des Kindes gut im Blick.
Werdenden Eltern sollten schon in der Schwangerschaft Informationen zur Säuglingsernährung und zum Stillen angeboten werden. Denn eine gute Stillplanung ist ein Erfolgsfaktor fürs Stillen [1]. Das Netzwerk Gesund ins Leben hält dafür entsprechende Informationsmaterialien bereit.
Spenden für Frauenmilchbanken
Haben stillende Mütter mehr Muttermilch als sie für die Ernährung ihres eigenen Kindes benötigen, dann können sie ihre Milch Frauenmilchbanken spenden. Diese Einrichtungen sind an Kinderkliniken angeschlossen, um Frühgeborene und kranke Neugeborene mit Frauenmilch zu versorgen, für die keine Milch der eigenen Mutter zur Verfügung steht. Studien zeigen, dass sie von einer Ernährung mit Frauenmilch anstelle von industriell hergestellter Säuglingsnahrung direkt nach der Geburt profitieren [18, 19]. Eine Abgabe an Säuglinge außerhalb der Klinik findet nicht statt. Die Spenderinnen für Frauenmilchbanken werden vor der Spende medizinisch untersucht. Die Frauenmilchspenden werden ebenfalls umfassend geprüft, um eine Übertragung von Infektionen auszuschließen. In Deutschland existieren 33 Frauenmilchbanken (Stand: 28. Mai 2021), europaweit sind es rund 270 [20].
* Zum Begriff Frauenmilch: Bei Frauenmilch ist zu unterscheiden zwischen Muttermilch und Spenderinnenmilch. Muttermilch ist Milch, die der Ernährung des eigenen Kindes dient. Spenderinnenmilch wird innerhalb eines Sammelzeitraums von mehreren Spenderinnen zusammengeführt [19].