Empfehlungen
- Längere Sitzzeiten des Kindes sollten unterbrochen und unnötige Sitzzeiten (z. B. im Buggy oder Hochstuhl) vermieden werden.
- Bildschirmmedien (Fernsehgerät, Computer, Handy, Spielkonsolen etc.) sind für Kleinkinder nicht empfehlenswert.
Grundlagen der Empfehlungen
Das Ausmaß an Bildschirmzeit war in den meisten Studien ungünstig mit Adipositas, motorischer und kognitiver Entwicklung und psychosozialer Gesundheit assoziiert [222]. Lange Bildschirmzeiten wirken sich auch negativ auf den Schlaf aus [100]. Ungünstige Zusammenhänge sind zwischen der Sitzdauer, z. B. auf dem Hochstuhl oder im Kinderwagen, mit Adipositas und motorischer Entwicklung zu sehen. Insgesamt ist die Evidenzlage moderat [149]. Expertengruppen sprechen sich weltweit für eine Begrenzung der Bildschirmzeit und sitzender Tätigkeiten aus [86, 146, 204, 222].
Hintergrundinformationen
Mehr Bewegung und weniger Sitzen sind für die Entwicklung des Kindes förderlich. Hochstühle oder Autokindersitze sollten deshalb nur für den ursprünglichen Zweck genutzt werden. Wünschenswert ist, dass Kleinkinder möglichst nicht länger als eine Stunde am Stück sitzen [204, 222].
Bildschirmmedien aller Art gehören heute zum Familienalltag. Sie können Kleinkinder jedoch überfordern. Die meisten Studien liegen zum Fernsehkonsum vor, nur wenige für andere Bildschirmmedien (Smartphone, Computer, Spielekonsolen etc.). Es erscheint jedoch plausibel, dass die für das Fernsehen beschriebenen Zusammenhänge auch für andere Bildschirmmedien gelten, wenn sie in gleicher Weise genutzt werden.
Hinweise für den ungünstigen Einfluss von Fernsehkonsum auf die Sprachentwicklung sind in Studien beschrieben [46]. Dagegen können Vorlesen und Geschichtenerzählen eher einen günstigen Einfluss haben [149]. Auch Zusammenhänge zwischen Fernsehdauer und Schlafverhalten bei Kleinkindern wurden untersucht: Längere Bildschirmzeiten waren in Studien mit Kleinkindern mit kürzerer Schlafdauer, häufigerem Aufwachen, längerem und späterem Einschlafen und einer geringeren Schlafqualität assoziiert [100].
Diskutiert wird auch, dass Bildschirmaktivitäten andere Aktivitäten verdrängen können [49]. Für die Entwicklung des Kleinkindes ist eine ausgewogene Stimulierung der Sinne durch die Umwelt sowie eigene Tätigkeit von großer Bedeutung. Beim unstrukturierten Spielen hat das Kind die Möglichkeit, sich selbst aktiv zu erfahren, unterschiedliche körperlich-sinnliche Erfahrungen zu machen, sich in Bewegung auszudrücken und eigenständig Ursachen und Wirkungszusammenhänge kennenzulernen. Beim Nutzen von Bildschirmmedien ist die Sinnestätigkeit dagegen fast gänzlich auf die auditive und visuelle Wahrnehmung beschränkt.
Kleinkinder können noch nicht zwischen Werbung und Programm unterscheiden [115]. Es gibt eine überzeugende Datenlage für einen nachteiligen Zusammenhang zwischen Fernsehwerbung und Lebensmittelpräferenzen im Kleinkindalter [166] sowie einem erhöhten Risiko, Übergewicht zu entwickeln [4].
Wie lange und wie oft Kinder fernsehen, wird durch die Bedingungen in den Familien beeinflusst: Die Fernsehgewohnheiten der Eltern, ihr Erziehungsverhalten, ihre Einstellung zum Fernsehen und ihre Selbstwirksamkeit (das Vertrauen, die Bildschirmzeit ihres Kindes reduzieren zu können), aber auch das Fernsehgerät im Kinderzimmer spielen eine Rolle [45].
Wünschenswert ist, dass Kleinkinder möglichst gar keine Bildschirmmedien nutzen. Die Umsetzung dieser Empfehlung ist in Familien, vor allem in jenen mit älteren Geschwisterkindern, manchmal schwierig. In jedem Fall sollte das Kleinkind Bildschirmmedien nur im Beisein eines Erwachsenen nutzen. Auch sollte es Bildschirmmedien nicht aktiv – beispielsweise zur Beruhigung – ausgesetzt werden oder ein Fernsehgerät oder Computer nicht im Zimmer des Kleinkindes stehen [40].