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Wer schwanger werden möchte, kann mit Ernährung und Lebensstil schon früh eine günstige körperliche Ausgangslage schaffen. Auch die Unterstützung des Partners oder der Partnerin hilft.

Mann und Frau lächeln
stock.adobe.com/Rido

Ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßiger Bewegung ist für jeden Menschen in jeder Lebensphase wichtig. Kommt in der eigenen Lebensplanung ein Kind vor, hat das Thema eine besondere Bedeutung. Denn schon weit vor der Empfängnis können Frauen und Paare mit Kinderwunsch  die Gesundheit des Kindes beeinflussen. Für die Familienplanung empfiehlt das Netzwerk Gesund ins Leben in den bundesweiten Handlungsempfehlungen daher, die eigene Lebensführung frühzeitig in den Blick zu nehmen und gegebenenfalls anzupassen [1]. Das betrifft die Frau und auch das Paar gemeinsam. Es braucht Zeit, den Lebensstil zu verändern. Daher ist es günstig, so früh wie möglich damit zu beginnen, spätestens  dann, wenn auf die Verhütung verzichtet wird.

Bei Kinderwunsch frühzeitig aufs Körpergewicht achten

Das Körpergewicht der Frau spielt in der Familienplanung eine zentrale Rolle. Je näher Frauen am Normalgewicht sind, umso besser ist das für ihre eigene Gesundheit und die des Kindes. Es gibt viele mögliche Gesundheitsrisiken und Schwangerschaftskomplikationen, die mit einem zu niedrigen oder zu hohen Körpergewicht der Frau vor der Schwangerschaft assoziiert sind: Bei untergewichtigen Schwangeren werden häufiger Fehl- und Frühgeburten beobachtet [2, 3]. Übergewichtige oder adipöse Schwangere sind häufiger von Bluthochdruck oder einem Schwangerschaftsdiabetes betroffen [1]. Ihre Babys sind im Schnitt oft größer und schwerer als die normalgewichtiger Frauen. Das kann das Risiko für späteres Übergewicht beim Kind erhöhen und zu Geburtskomplikationen führen [4]. Auch Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft gestalten sich bei Übergewicht und Adipositas schwieriger, weil vermehrtes  Bauchfettgewebe die Bildqualität des Ultraschalls beeinträchtigt [5]. All dies sind gute Gründe, die Entstehung von Übergewicht zu vermeiden oder ggf. frühzeitig vor einer Schwangerschaft eine Annäherung an das Normalgewicht anzustreben. Dabei hilft jedes Kilo. Im Falle einer Adipositas beispielsweise kann sich bereits eine Gewichtsabnahme von 5 bis 10 Prozent des Ausgangsgewichtes vor einer Schwangerschaft positiv auswirken – und die Chance erhöhen schwanger zu werden [6]. Welche therapeutischen Maßnahmen bei stark adipösen Frauen zur Gewichtsreduktion vor der Schwangerschaft infrage kommen, muss in der ärztlichen Beratung individuell geklärt werden [1].

Ausgewogene Ernährung mit einer Extraportion Folsäure

Sich ausgewogen ernähren heißt in Kürze: ausreichend trinken, bevorzugt Wasser. Gegessen werden sollte vor allem pflanzliche Kost, darunter Vollkornprodukte, 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst pro Tag. Der Einsatz von Fetten erfolgt insgesamt sparsam, dabei haben Pflanzenöle Vorrang. Der maßvolle Genuss tierischer Lebensmittel sollte insbesondere Milchprodukte und Meeresfisch beinhalten. Beides unterstützt die Jodversorgung, die schon in der Kinderwunsch-Phase wichtig ist [1]. Fettreicher Meeresfisch liefert außerdem die wichtige Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) [7]. Süßigkeiten können in kleinen Mengen ein Extra sein.

Frauen, die eine Schwangerschaft planen, wird außerdem empfohlen, pro Tag 400 µg Folsäure (oder eine äquivalente Dosis anderer Folate) als Nahrungsergänzung einzunehmen [1, 8]. Damit sollte möglichst frühzeitig gestartet werden, denn viele Frauen haben eine zu geringe Folatzufuhr [9]. (In Lebensmitteln kommen natürlicherweise Folate vor, Folsäure ist die synthetische Form des Vitamins.) Folat ist wichtig für die Zellteilung und Wachstumsprozesse. Eine perikonzeptionelle Einnahme (4 Wochen vor der Konzeption bis zum Ende des 1. Schwangerschaftsdrittels) senkt das Risiko kindlicher Fehlbildungen des Nervensystems (Neuralrohrdefekt) [10]. Eine weitere Nährstoffergänzung ist bei einer ausgewogenen Ernährung vor der Empfängnis nicht nötig. Anders kann dies bei Vegetarierinnen und Veganerinnen aussehen. Ihre Nährstoffversorgung sollte bei Kinderwunsch frühzeitig genau ins Visier genommen werden, da sie ein erhöhtes Risiko für Defizite an Vitamin B12, DHA und Zink sowie bei einer rein pflanzlichen Ernährung zusätzlich an Eiweiß, Eisen, Kalzium und Jod haben [1, 11]. Vor allem Veganerinnen sollten bei Kinderwunsch eine qualifizierte Ernährungsberatung in Anspruch nehmen, um eventuelle Nährstoffmängel zu beheben [1].

Gute Bewegungsgewohnheiten schon bei Kinderwunsch pflegen

Mit der Bewegung ist es wie mit der Ernährung: Ein Kinderwunsch hilft, gute Vorsätze auch in die Tat umzusetzen. Regelmäßige körperliche Aktivität erhöht das physische und psychische Wohlbefinden [12]. Erwachsene sollten mindestens 150 Minuten pro Woche einer aeroben körperlichen Aktivität mit moderater Intensität nachgehen, beispielsweise verteilt auf 30 Minuten an 5 Tagen pro Woche. An mindestens 2 weiteren Tagen pro Woche sollten sie sich die Zeit für muskelkräftigende Aktivitäten nehmen [13]. Auch Alltagsbewegungen wie Gehen, Radfahren oder Treppensteigen sind erwünscht. Für Sporteinsteigerinnen eignen sich besonders Sportarten, bei denen große Muskelgruppen beansprucht werden wie Nordic Walking, Schwimmen oder Yoga, vor allem aber eine, die wirklich Spaß macht und vielleicht auch dem Partner oder der Freundin gefällt. Denn neue Gewohnheiten lassen sich zu zweit oder in der Gruppe besser pflegen als allein.

Frühzeitiger Verzicht auf Alkohol und Zigaretten

Eine für das ungeborene Kind sichere, das heißt risikolose Alkoholmenge gibt es nicht [14]. Da die ersten Wochen einer Schwangerschaft meist unerkannt verlaufen, sollten Frauen Alkohol bereits meiden, sobald sie schwanger werden wollen [1]. Ein Alkoholkonsum in der Schwangerschaft birgt zahlreiche Risiken für den Fötus, darunter körperliche Fehlbildungen und Schädigungen der Nervenzellen. Das fetale Alkoholsyndrom ist die häufigste vermeidbare Behinderung Neugeborener [1]. Auch mit dem Rauchen gehen zahlreiche gesundheitliche Risiken für alle Menschen einher, besonders für schwangere Frauen und den Fötus. Unter anderen besteht ein erhöhtes Risiko für Fehl- und Frühgeburten sowie Fehlbildungen und Allergien beim Kind [1]. Rauchen beeinträchtigt außerdem die Fertilität [15]. Ein Umstieg auf E-Zigaretten ist keine Alternative, da auch für ihren Konsum negative Auswirkungen diskutiert werden [16]. Spätestens mit beginnender Familienplanung sollten Frauen, besser noch das Paar gemeinsam mit der Rauchentwöhnung starten [1]. Denn oft braucht sie Zeit, manchmal sogar mehrere Anläufe. Auch das Meiden von Alkohol kann der Frau leichter fallen, wenn das Umfeld mitmacht.

Ergänzend zur frauenärztlichen Vorsorge: Zahnarztbesuch einplanen

Eine gute Zahngesundheit ist allgemein wichtig, auch mit Blick auf eine künftige Schwangerschaft. Studien zufolge ist eine unbehandelte mütterliche Parodontitis beispielsweise mit dem Risiko einer Frühgeburt assoziiert [17]. Eine gute Mundpflege unterstützt die Zahngesundheit. Deshalb mindestens 2-mal täglich die Zähne putzen und 1-mal täglich die Zahnzwischenräume. Allgemein gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Zwar können Erkrankungen von Zähnen und Zahnfleisch auch während einer Schwangerschaft behandelt werden, teils aber nur eingeschränkt.

Impfstatus regelmäßig prüfen und Impflücken schließen

Praktisch alle Virusinfektionen in der Schwangerschaft sind mit einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten, Fehlbildungen, Frühgeburten und Schwangerschaftskomplikationen verbunden. Frauen mit Kinderwunsch sollten daher regelmäßig ihren Impfschutz insbesondere gegen Masern, Röteln und Windpocken prüfen und eventuelle Impflücken schließen lassen [18, 19]. Impfungen schützen nicht nur die Frau und den Fötus während der Schwangerschaft, sondern auch das Neugeborene in den ersten Wochen nach der Geburt. Hinweise darauf, dass eine COVID-19-Schutzimpfung die Fruchtbarkeit der Frau beeinträchtigen kann, sind unzutreffend. Frauen mit Kinderwunsch können sich gegen COVID-19 impfen lassen [20].

Frühzeitig zu gesundem Lebensstil aufklären

Viele jungen Menschen wollen irgendwann einmal Kinder haben. Frauenärzt*innen sehen viele Frauen oft schon in jungen Jahren, z. B. wenn sie über Verhütung beraten und später bei der jährlichen Vorsorge.

„Diese einmalige Chance sollten wir nutzen und regelmäßig mit ihnen über das Thema sprechen,“ sagt Dr. med. Marianne Röbl-Mathieu, niedergelassene Frauenärztin in München und Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO). „Denn vielen ist gar nicht bewusst, dass sie schon frühzeitig die Weichen für einen guten Verlauf einer späteren Schwangerschaft stellen können."

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Literatur

[1] Koletzko B, Cremer M, Flothkötter M, Graf C, Hauner H, Hellmers C, Kersting M, Krawinkel M, Przyrembel H, Röbl-Mathieu M, Schiffner U, Vetter K, Weißenborn A, Wöckel A. Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft – Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben. Geburtsh Frauenheilk 2018; 78(12): 1262–1282. DOI: 10.1055/a-0713-1058

[2] Balsells M, García-Patterson A, Corcoy R. Systematic review and meta-analysis on the association of prepregnancy underweight and miscarriage. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol; 2016 Dec; 207:73–79. DOI: 10.1016/j.ejogrb.2016.10.012

[3] Hoellen F, Hornemann A, Haertel C et al. Does Maternal Underweight Prior to Conception Influence Pregnancy Risks and Outcome? In Vivo Nov 2014; 28(6): 1165–1170

[4] World Health Organization Regional Office for Europe. Good maternal Nutrition. The best Start in Life. Copenhagen, Denmark; WHO Regional Office for Europe, 2016. Im Internet: www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0008/313667/Good-maternal-nutrition-The-best-start-in-life.pdf, Zugriff 27.05.2021

[5] Leitlinie DGGG, OEGGG, SGGG zu Schwangerschaft und Adipositas (S3-Level, AWMF-Registernummer 015/081, Juni 2019). Im Internet:  www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-081l_S3_Adipositas-Schwangerschaft_2020_06.pdf, Zugriff 25.05.2021

[6] National Institute for Health an Clinical Exellence (NICE). Weight management before, during and after pregnancy. Im Internet: www.nice.org.uk/guidance/ph27/resources/weight-management-before-during-and-after-pregnancy-pdf-1996242046405, Zugriff 26.05.2021

[7] Singer P et al. Fettreiche Seefische in Konserven als Quellen von Omega-3-Fettsäuren. Deklaration, Wirkungen und Bedeutung für die Ernährungspraxis. Ernährung im Fokus 2014; 07/08: 190–197

[8] Fenner A, Cremer M. Was sollen Frauen mit Kinderwunsch über Folsäure wissen. Nachgefragt beim Netzwerk Gesund ins Leben. FRAUENARZT 2020; 9: 625–627

[9] Max Rubner-Institut. Nationale Verzehrsstudie II: Ergebnisbericht Teil 2. Karlsruhe: Max Rubner-Institut Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, 2008. Im Internet:  www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf, Zugriff 27.05.2021.

[10] De-Regil LM, Pena-Rosas JP, Fernandez-Gaxiola AC et al. Effects and safety of periconceptional oral folate supplementation for preventing birth defects. Cochrane Database Syst Rev 2015; (12): CD007950. DOI:10.1002/14651858.CD007950.pub3

[11] Weikert C, Trefflich I, Menzel J. Versorgungsstatus mit Vitaminen und Mineralstoffen bei veganer Ernährungsweise. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 575–582; DOI: 10.3238/arztebl.2020.0575

[12] World Health Organization (WHO). WHO guidelines on physical activity and sedentary behaviour, 2020. Im Internet: www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0008/313667/Good-maternal-nutrition-The-best-start-in-life.pdf, Zugriff 28.05.2021

[13] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung, 2016, Sonderheft 03. Im Internet:  service.bzga.de/pdf.php, Zugriff 28.05.2021

[14] Flak AL, Su S, Bertrand J et al. The association of mild, moderate, and binge prenatal alcohol exposure and child neuropsychological out-comes: a meta-analysis. Alcohol Clin Exp Res 2014; 38: 214–226

[15] The American Society for Reproductive Medicine: Optimizing natural fertility: a committee opinion. Practice Committee of the American Society for Reproductive Medicine in collaboration with the Society for Reproductive Endocrinology and Infertility. Fertil Steril 2013; 100: 631–637

[16] Bundesinstitut für Risikobewertung. Zusatzstoffe in Tabak und E-Zigaretten: Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen, Stellungnahme Nr. 008/2021 des BfR vom 4. März 2021, DOI: 10.17590/20210304-085520

[17] Lopez NJ, Uribe S, Martinez B. Effect of periodontal treatment on preterm birth rate: a systematic review of meta-analyses. Periodontol 2000 2015; 67: 87–130

[18] Ständige Impfkommission (STIKO): STIKO-Impfempfehlungen für Frauen mit Kinderwunsch (Stand: 26.03.2020). Im Internet: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_AllgemeineFragen/FAQ09.html, Zugriff 27.05.2021

[19], Röbl-Mathieu M. Impfungen bei Frauen mit Kinderwunsch. Umwelt – Hygiene – Arbeitsmed 2018; 23 (5) 301–310. Im Internet: www.praxis-dr-roebl.de/media/892/cms_5c7fce1516cd0.pdf, Zugriff 27.05.2021

[20] Robert Koch-Institut. COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ), Unterkapitel: Wirksamkeit und Sicherheit (Stand: 12.05.2021). Im Internet: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html, Zugriff 26.05.2021